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Freiwillige Feuerwehr Rengsdorf feiert Jubiläum - Blick in die Historie: Von fehlenden Uniformen, einem Bürgerentscheid und vielen großen Einsätzen

1926 wurde eine handgezogene Spritze angeschafft, die die Feuerwehrmänner auf dem Foto oben begutachten und auf dem Bild unten bei einer Übung auf der B 256 am heutigen Rewe-Markt ausprobieren. Offensichtlich ist zu diesem Zeitpunkt auch das länger währende Uniformen-Problem gelöst. Die hatten die Männer im Ersten Weltkrieg abgeben müssen.

Wer Feuerwehrmann in Rengsdorf ist, hat in diesen Tagen viel zu tun. Denn die Blauröcke mussten kürzlich nicht nur zwei Großeinsätze (van Roje und Sita Wagner) bewältigen, sondern sich auch auf das große Jubiläum vorbereiten. Aber ein Blick in die Chronik zeigt, dass das für die Wehrleute nichts Neues ist. Sie waren nämlich nicht nur 2008 "mit Feuereifer" am Werk.

Die Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Rengsdorf beginnt am 8. März 1908. Da treffen sich auf Einladung von Bürgermeister Philipp Wink 51 Bürger im Gasthof Richtmann. Und diese - wie es im Jargon der Zeit heißt - "feuerwehrfähigen Männer" beschließen die Gründung der Wehr, die der Gemeinderat am Folgetag absegnet: "Nachdem gestern die Bildung einer Freiwilligen Feuerwehr hierselbst erfolgt ist, wählen wir als Führer derselben den Dachdeckermeister Siegel", heißt es im Originalbericht.

Wohl eine praktische Wahl, schließlich kannte sich ein Dachdecker perfekt mit einem der wichtigsten Einsatzgeräte einer Feuerwehr damaliger Zeit aus: der Leiter. Dass der Rat ihm als Stellvertreter den Gastwirt Wilhelm Richtmann zur Seite stellt, soll allerdings zu keinen weiteren Rückschlüssen animieren.

Spekuliert werden muss dagegen über die Anfangsjahre. Denn in der Chronik der Feuerwehr klafft zwischen 1911 und 1920 ein Loch. Ähnliches gilt für die Zeit um den Zweiten Weltkrieg. Hier sind die Seiten für die Jahre 1938 bis 1950 herausgeschnitten worden. Täter: unbekannt.

Klar ist aber folgendes: Nach der Tagung der Gründungsversammlung erkennt im Mai 1908 auch der Landrat die Feuerwehr förmlich an, im Oktober gibt der Regierungspräsident seinen Segen. Weiter tauchen in der Chronik häufige Versammlungen der Wehrmänner auf. Spektakuläres passiert dabei nicht.

Dann kommt der Weltkrieg, und die Feuerwehrleute stehen plötzlich ohne ihre "Blauröcke" da - und zwar für lange Zeit. Denn ein Eintrag aus dem Jahr 1920 spricht von einem Beschluss zur Neubeschaffung der im Krieg abgegebenen Uniformen. 1922 ist zu lesen, dass dieses Problem immer noch nicht gelöst ist.

Aber es gibt auch positive Nachrichten aus der Zeit der Weimarer Republik. Die Ausrüstung wird dann doch noch verbessert und modernisiert. 1926 finden sich erste Hinweise auf eine handgezogene Spritze, 1930 stellt die Feuerwehr den Antrag, eine Motorspritze anzuschaffen.

Der Fuhrpark wurde mit der Zeit ausgeweitet. 1960 freuten sich die Wehrleute über ein neues Tanklöschfahrzeug (TLF).

Nach dem Zweiten Weltkrieg geht diese "Aufrüstung" weiter: Ende der 40er-Jahre gibt's eine mechanische Leiter, Anfang der 50er-Jahre bekommt die Wehr gleich zwei Autos: einen Opel Blitz, der als Löschgruppenfahrzeug (LF 8) fungiert, und einen Mannschaftstransportwagen. 1956 entsteht zudem ein neues Feuerwehrhaus. Damals noch unumstritten, was sich dann Mitte der 90er-Jahre ändert, als die 1977 noch einmal umgebaute Heimstatt von der Größe nicht mehr ausreicht. Aber dazu später mehr.

Zunächst verdienen noch einige Einsätze Beachtung, so der Großbrand einer Schaumstofffabrik auf der Gierenderhöhe 1969 oder ein Chemikalieneinsatz auf der A3 1970. Viel Arbeit gab es auch zehn Jahre später. Da ging erst die Papierfabrik Hedwigsthal (Raubach) in Flammen auf, wenig später folgten Großbrände bei der Firma Brothage (Straßenhaus) und im Hotel "Waldesruh" (Rengsdorf). 1989 brennt nicht nur die Raststätte "Urbacher Wald" an der A3, sondern auch ein Schuppentrakt in Rengsdorf. Hier können die Wehrleute das drohende Übergreifen der Flammen auf ein Wohnhaus verhindern. Nur mehr Aufräumen ist dagegen ein Jahr später angesagt: Orkan Wiebke ist über das Land gejagt, und die Schäden müssen beseitigt werden.

Ab 1992 wird der Bau eines neuen Feuerwehrhauses geplant. Doch dieses Vorhaben stellt sich als schwierig heraus. Die Verantwortlichen verwerfen mehrere Ansätze, weil sie sich nicht auf einen geeigneten Standort verständigen können. Doch ab 1996 wird die Frage akut. Denn die Feuerwehr ist quasi über Nacht deutlich gewachsen. Der Grund: Aus Geldmangel werden die Feuerwehren Rengsdorf und Hardert zusammengeschlossen. Eine Maßnahme, die aber nicht nur in finanzieller Hinsicht vernünftig war. Die Zeit hat jedenfalls Bürgermeister Rolf Lücks damalige Worte, dass "aus den beiden Feuerwehren eine erheblich schlagkräftigere Truppe geworden ist", absolut bestätigt.

Mit 13 zusätzlichen Wehrmännern war das Feuerwehrhaus endgültig zu eng geworden. Ganz zur Freude der Wehr beschlossen SPD und CDU im Verbandsgemeinderat mehrheitlich, die "Rheinhöhe" als neuen Standort zu wählen. Doch es gab heftigen Widerstand aus der Bevölkerung, der 1997 letztlich im ersten und erfolgreichen Bürgerentscheid von Rengsdorf mündete.

Ein Jahr später gab es aber doch eine Lösung, mit der die Wehrleute heute hochzufrieden sind: Im Juni 2000 feierten sie die Einweihung des Neubaus auf dem Gelände der alten Schule.

Seitdem sind noch die Anschaffung einer neuen Drehleiter (DLK 23/12) im Jahre 2003 und eines Mehrzweckfahrzeugs (MZF 3) im Vorjahr zu nennen. So ausgerüstet blicken die vier Feuerwehrfrauen und 35 Feuerwehrmänner um Wehrführer Klaus Runkel und Wehrleiter Uwe Schmidt nicht nur mit ein bisschen Stolz zurück, sondern auch zuversichtlich nach vorn.

Die Fakten dieses Artikels sind der von Armin Bierbrauer zusammengestellten Kurzzusammenfassung der Chronik entnommen.

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