100 Jahre Bismarcksäule Rengsdorf (14. Juni 2003)

Die Verehrung Bismarcks begann bereits nach seiner Abdankung als Reichskanzler im Jahre 1890. Viele Städte ernannten ihn zum Ehrenbürger. In ganz Deutschland fanden zu seinen Geburtstagen Feiern statt, auch in Rengsdorf, wo die Casino-Gesellschaft ihm alljährlich ein Glückwunschtelegramm schickte.

Nach seinem Tod, am 30.07.1898, steigerte sich die Welle der Verehrung. Auf Initiative der Bonner Studentenschaft wurde am 3. Dezember 1898 ein Aufruf der deutschen Studenten veröffentlicht, in der der Bau von Bismarcksäulen angeregt wurde.

„... so wollen wir unseren Bismarck zu Ehren auf allen Höhen unserer Heimat, von wo der Blick über die herrlichen deutschen Lande schweift, gewaltige granitene Feuerträger errichten. Überall soll, ein Sinnbild der Einheit Deutschlands, das gleiche Zeichen erstehen, in ragender Größe, aber einfach und prunklos, auf massivem Unterbau eine schlichte Säule, nur mit dem Wappen und Wahlspruch des eisernen Kanzlers geschmückt ..." (NZ v. 12.5.1902)

Initiator des Bismarck-Denkmals in Rengsdorf war der Verschönerungsverein für den unteren Westerwald. Dessen Vorsitzender, Bürgermeister Wink, unterstützt von Oberförster Andrée, erließ am 24. Juli 1901 einen ersten Aufruf, der vom Oberlandesgerichtspräsidenten DR. Hamm aus Köln mitunterzeichnet wurde. In ihm wurden die Kurgäste aufgefordert, zu diesem „Aussichtsturm, der in Rengsdorf als Bismarcksäule errichtet werden soll" ihr „Scherflein" beizusteuern. Gasthofbesitzer Lidner hatte als Baumeister I.B. Bloemers aus Bonn vorgeschlagen, weil er die kostenlose Bauaufsicht in Aussicht gestellt hatte. Dieser legte bereits am 23. Dezember 1901 einen Kostenvoranschlag über 14.000 Mark vor.

Als sich der „Ausschuss für die Errichtung einer Bismarcksäule in Rengsdorf" am 12. März 1902 konstituierte, war die Finanzierung des Projektes schon weitgehend gesichert. Denn in seiner Sitzung vom 18. Februar 1902 hatte die Bürgermeistereiversammlung beschlossen 2.000 Mark aus dem „Eisernen Bestande" zu entnehmen und ein Darlehen von 5.000 Mark zu 4 % Zinsen und 1 % Amortisation bei der Landesbank in Düsseldorf aufzunehmen.

Bereits vorher war ein Schreiben an alle Gemeinden der Bürgermeisterei ergangen, in dem die einzelnen Gemeinden aufgefordert wurden, aus der Gemeindekasse einen Betrag, ausgerichtet an der Zahl der Einwohner, zur Verfügung zu stellen. Da fast alle mitmachten, ergab sich eine zusätzliche Summe von 3.825 Mark. So konnte Bloemers schon Anfang März jubeln, dass bereits 11.400 Mark zusammengekommen seien und man möglicherweise schon am 1.4. den Grundstein setzen könne.

Dennoch wurde erst der 30. Juli, der Todestag des Fürsten Bismarck, als Datum in Aussicht genommen und ein Aufruf in der Neuwieder Zeitung geschaltet, um die restlichen Gelder zu bekommen. Die Sammelaktionen waren so erfolgreich, dass im Laufe der Zeit fast 4.000 Mark zusammenkamen.

Der Entwurf des Bonner Baumeisters Bloemers lehnte sich an das Modell „Götterdämmerung" des Dresdner Architekten Wilhelm Kreis an. Die Ausführung der Maurerarbeiten lag in den Händen der Rengsdorfer Maurermeister Wilhelm Kästner und Peter Jung.

Die Grundsteinlegung fand am Mittwoch, dem 30. Juli 1902, statt. Trotz des Werktages kamen erstaunlich viele Menschen, besonders zahlreiche Mitglieder der Krieger- und Turnvereine der Umgebung zu diesem Ereignis. Der Zug formierte sich am oberen Ende des Ortes und marschierte auf der Hauptstraße bis zum Festplatz zu den Klängen der Musikkapelle des Schleswig-Holsteinischen Fußartillerie-Regiments No. 9. Vorneweg schritten außer dem Festausschuss die Offiziere des Regiments. Die Rengsdorfer Männergesangvereine umrahmten die Feier mit mehreren Liedbeiträgen. Landrat von Runkel und Bürgermeister Wink hielten die Festansprachen und Oberförster Andrée stellte den Inhalt der aus Kupfer gefertigten Urkundenbüchse vor und verlas die Urkunde. Der Grundstein wurde eingemauert und durch Hammerschläge vom Landrat geweiht. Anschließend wurde im Gasthof „Kaiserhof" (Lindner) gefeiert.

Die Bauarbeiten gingen planmäßig voran, so dass am 21. Juni 1903, dem Tag der Sonnenwende, die Einweihungsfeier stattfinden konnte. Die Teilnehmerzahl überstieg alle Erwartungen.

„Ein langer Festzug, in dem besonders die Kriegervereine stark vertreten waren, und in dem weiterhin Turner und Sänger marschierten, bewegte sich kurz vor 4 Uhr nach den Marschklängen des 2. Rheinischen Feld-Artillerie-Regiments Nr. 23 durch den Ort zur Bismarcksäule. Unter den Ehrengästen bemerkten wir die Herren: Regierungsrat Dr. Jansen vom Oberpräsidium der Rheinprovinz, Geh. Regierungsrat Landrat von Runkel, Landtagsabgeordneter Osthaus, Fürstlich Wiedischer Kammerdirektor von Hepke, ... die Bürgermeister von Heddesdorf, Steimel und Puderbach". (NZ vom 22. Juni 1903)

Wiederum umrahmten die Männerchöre die Feier, auch der Seminarchor aus Neuwied sang einige Lieder. Girlanden von 400 Metern Länge bekränzten die Säule. Nach Reden des Landrates und der Festrede von Professor Mutzbauer aus Neuwied, übergab Oberförster Andrée im Namen des „Ausschusses zur Errichtung der Bismarcksäule" das Bauwerk der Gemeinde Rengsdorf zu Eigentum und treuer Obhut.

„Der Ausschuss hege das feste Vertrauen, die Gemeinde werde allzeit ihrer Verpflichtung eingedenk sein, die Säule nicht allein in ihrem Äußern zu erhalten, sondern auch der Geist der Vaterlandsliebe, der Dankbarkeit und der Treue dem großen Bismarck gegenüber zu pflegen und auf Kind und Kindeskind zu vererben," so zitierte die Neuwieder Zeitung die Wünsche des Redners.

Nach den langen Reden zerstreute sich die Festgesellschaft zur Nachfeier in verschiedene Lokale, mancher sicher froh, dass er nicht weiter dem scharfen kalten Wind ausgesetzt war, der an jenem Tag über die Höhen des Westerwaldes pfiff.

Die Coblenzer Zeitung vom 22. Juni urteilte: Die Tausende, die an der Feier teilnahmen, bewiesen, wie tief auf dem Westerwalde das Nationalgefühl im Volke fast allerwärts eingegraben ist. Das Fest gestaltete sich zu einer so erhebenden patriotischen Kundgebung, wie wir sie in unserer Gegend schon lange nicht mehr hatten".

  

Im Gasthof Lindner wurden weitere patriotische Ansprachen gehalten. Außerdem richtete das Festkomitee ein Telegramm an den Kaiser und eines an Herbert von Bismarck, die beide umgehend beantwortet wurden.

„Bei anbrechender Dunkelheit versammelten sich wieder die Einheimischen und die Bewohner des Kirchspiels an der Bismarcksäule, um das Feuerwerk zu sehen und sich von der Wirkung des Feuers auf der Säule zu überzeugen. Weithin durch die rheinischen Lande war das Flammenzeichen sichtbar, die Umgebung des Ortes trat, beleuchtet von den Flammen, prächtig hervor", schrieb die Coblenzer Zeitung. Am 24. Januar 1904 fand die Abschlusssitzung des Ausschusses statt. Gedankt wurde Bürgermeister Wink, Oberförster Andrée, Baumeister Bloemers und vor allem Landrat von Runkel, weil er es verstanden habe, „Begeisterung zu wecken für das Werk der Dankbarkeit, für das Werk der Freude über Deutschlands Einheit", wie es der Bürgermeister formulierte.

Die Gesamtkosten beliefen sich auf 15.506,65 Mark. Ein Steinmetz hätte - bei einem üblichen Tagelohn von 6 Mark pro Tag - dafür 2584,44 Stunden arbeiten müssen; ein Liter Bier kostete 0,25 Mark, ebenso viel wie ein Butterbrot.

Im Unterschied zu anderen Bismarckdenkmälern überdauerte die Rengsdorfer Säule die beiden Weltkriege, lediglich das Relief verschwand; es soll von Angehörigen der französischen Besatzungsmacht entfernt worden sein. 1963 stiftete DR. Jost Henkel das neue Relief.

Das Denkmal wurde zwischenzeitlich restauriert und wird seit den 80er Jahren durch eine neue Beleuchtungsanlage illuminiert.

Festschrift anlässlich der „100 Jahr-Feier Bismarcksäule Rengsdorf" am 14. Juni 2003

 

Aufruf

 

Nach dem Tode des Fürsten Bismarck ist unter Männern aller Richtungen de Plan aufgetaucht, das Andenken an den großen Staatsmann, den hervorragendsten unter den Begründern des deutschen Reiches, durch ein bleibendes Erinnerungszeichen im ganzen Vaterlande für immer wach zu halten. Kein Standbild, kein Denkmal, vielmehr dem Vorschlage der deutschen Studentenschaft entsprechend soll einfach und prunklos auf massivem Unterbau eine schlichte Säule stehen. Nach alter deutscher Sitte werden auf ihrer Spitze an nationalen Gedenktagen Feuer brennen als ein Wahrzeichen deutscher Dankbarkeit für den Schmied der deutschen Einheit, für den Mann, der dem deutschen Namen bis in die entlegensten Weltteile neue Achtung und Geltung verschafft hat.

Die glückliche Anregung hat vor allem im Rheintale und auf dem Westerwalde, deren Bewohner sich auf dem Boden treuer vaterländischer Gesinnung stets bewährt haben, begeisterte Zustimmung gefunden.

Die Unterzeichneten glauben, in dem Kaisereichenplatz bei Rengsdorf eine der berufensten Stellen für eine solche Bismarcksäule gefunden zu haben. Von hier aus würden Freudenfeuer nicht nur zu den benachbarten Höhen des Westerwaldes, sondern auch hinab zu unserem herrlichen Rheinstrom und in das con ihm durchflutete und befruchtete Tal, ja weiter hinaus bis zu den Höhen des Taunus, des Hunsrücksund der vulkanischen Eifel leuchten können.

Die Unterzeichneten richt daher an alle Freunde und Gönner des Vorhabens die Bitte, durch Beiträge dasselbe zu unterstützen, und erklären sich bereit, Beiträge entgegen zu nehmen.

Rengsdorf im März 1802

von Runkel                   Kgl. Landrat, Geh. Reg. Rat

Andrée                         Oberförster Rengsdorf

Christ. Kleinmann          Ehlscheid

Ph. Jae. Richtmann        Rengsdorf

Wink                            Bürgermeister

Bloemers                      Baumeister Bonn

Philip Börder I.              Rengsdorf

Krunkel                         Vorsteher-Jahrsfeld

Siegel                           Vorsteher Meinbor

Oberförter Andrèe            Bürgermeister Wink             Wilhelm Kästner


Frau Karline Henkel aus
40589 Düsseldorf

schreibt uns zu diesem Artikel folgenden Hinweis:

Liebe Gemeinde und lieber Freundeskreis!

Als ich heute, hier auf www.rengsdorf-stpierre.de mich mal etws umgeschaut habe, ist mir ein Fehler aufgefallen. Zum nachfolgenden Abschnitt viel mir auf, daß er nicht stimmig ist, wenn Dr. Jost Henkel bereits seit 1961 tot ist. Sein Nachfolger war Dr. Konrad Henkel. Oder der Zeitpunkt des Jahres war schon früher gewesen? >>> Nach dem zweiten Weltkrieg entfernten Angehörige der französischen Besatzungsmacht das Bismarck-Relief, 1963 stiftete Dr. Jost Henkel ein neues Relief aus Bronze. <<<

Mit freundlichen Grüßen
Karline Henkel 

zurück