2011-07-25 Genießen wie die Franzosen

Markt Deichstadt präsentierte sich am Wochenende unter dem Einfluss des Nachbarlands

Wie viel Frankreich in Neuwied steckt, davon konnten sich am Wochenende Tausende beim Französischen Markt rund um den Marktplatz in Neuwied überzeugen. Zwei Tage lang feierte die Deichstadt die genussreiche Lebensart der Franzosen, ließ sich dabei von den Nachbarn inspirieren und von trübem Herbstwetter mitten im Juli nicht im Mindesten stören. Drei Jacken übereinander und reichlich Bewegung lautete das Rezept der Dame am Salamistand gegen die morgendlichen einstelligen Temperaturen. Viel weniger simpel hingehen die Rezepte der Köstlichkeiten an den Ständen: raffinierte Kräutermischungen für alle Küchenlagen, geheimnisvolle Nugatkompositionen in überraschenden Farben von Giftgrün bis Purpur, Eselsalami oder Käsevariationen, deren Bouquets schon von Weitem für sich warben.

Klar, auch die übrigen Aspekte des französischen Lebens wurden auf dem Marktplatz angerissen. Der TC Rot-Weiß Neuwied hatte wieder einmal seine Boule-Abteilung geschickt, die auf zwei Bahnen zum Mitspielen einlud, der Freundeskreis Rengsdorf/St. Pierre-le-Moûtier machte mit einem Weinausschank auf sich aufmerksam und hatte zudem den jährlichen Besuch aus Frankreich geschickt auf jenes Wochenende gelegt. Und sie waren bei Weitem nicht die einzigen Gäste aus dem Nachbarland dem Markt. Sylvain Pesenti, seines Zeichen waschechter Franzose aus Villefontaine mit Zweitwohnsitz in Köln, sorgte als „Walking-Act" am Samstag mit seiner Drehorgel und einem großen Repertoire an französischen Chansons von Piaf bis Gainsbourg für die passende musikalische Kulisse. Sonntags war das Trio Zwille Zimmermann, Mathieu Pallas und Hartwig Beseler musikalisch und komödiantisch unterwegs.

Doch letztlich lief ein Besuch auf dem Marktplatz am Wochenende immer wieder auf eines hinaus: genießen. Eine Scheibe Käse als Probierstück, ein Häppchen feinste Salami als „Amuse-Gueule", passierte Fischsuppe als Vorspeise, Éclairs und gefüllte Bonbons im Nachgang und als Hauptgericht ein zünftiger Flammkuchen. Da blieben keine Wünsche offen.

Senf in allen Variationen, frischer Knoblauch, ausgeklügelte Ölvarianten, Kräuterpflanzen, Trüffelpralinés und selbst gemachte Brotaufstriche zum Mitnehmen, daneben duftendes Baguette, das zum sofortigen Reinbeißen verführte. Der Duft von Patchouli kämpfte gegen das Aroma des Kümmelthymians, die Dampfwolke aus dem Crêpestand, die beim Ablöschen einer Crêpe Suzette mit hochprozentigem Cointreau entstand, zog nicht nur die Blicke der vorbeischlendernden Menschen auf sich, sondern auch reichlich Kundschaft an.

Überhaupt konnten sich die Händler, die zum großen Teil aus dem nahen Grenzgebiet angereist waren, über mangelnden Umsatz nicht beschweren. Kaum einer, der den Marktplatz ohne Tüte verließ, kaum einer, der dabei nicht kaute, schluckte und sich verzückt umschaute.

Manchen mag das Fehlen des Radrennens um den Deichstadtcup aufgefallen sein, das der Velo-Club Neuwied wegen der vor Kurzem veranstalteten Deutschen Meisterschaft im Radsport ausfallen lassen musste, doch die Änderung hatte auch Positives: Den so frei gewordenen Platz auf der Straße vor der Marktkirche nutzten die Händler gern für weitere Angebote, und auch die Ausstellung von Werken von Claude Monet fand dort ihren Platz.

Auf dem Luisenplatz wurde mit der Tanzschule Daumas getanzt „wie Gott in Frankreich". Und so zeigte sich die ganze Deichstadt zwei Tage lang in bester französischer Manier.

RZ vom 25.07.2011
Andrea Niebergall

Wir waren dabei von links: Patrice Genty, Günter Ballmann, Liliane Genty, Monika Strutz, Brunhilde Schmuck, Dieter Böhme, Inge Kaiser und Renate Wunsch (fehlt auf dem Foto).

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