2019-09-26 Sayner Hütte - Eisernes Kunstwerk von Weltrang

Der Rheinsteig entfernt sich ab Vallendar vom Rhein und schlägt bis Lahnstein einen Bogen um das Neuwieder Becken. Vom Brexbachtal aus erklimmt er in vielen Serpentinen die Oskarhöhe und peilt die Burg Sayn an. Sie thront hoch über dem gleichnamigen Ort und ist die Stammburg der Sayner Grafen. Am Fuße der Burg steht das neugotische Schloss, das 1945 zerstört wurde und seit 2000 nach dem Wiederaufbau ein touristischer Anlaufpunkt ist: Hier haben die städtische Tourist-Information und das Stadtmuseum mit Eisenkunstgusssammlung ihren Sitz.

Neben den fürstlichen Räumen, die besichtigt werden können, werden Säle, Salons und Tagungsräume für Veranstaltungen genutzt. Der im Stil eines englischen Landschaftsgartens angelegte Schlosspark ist mit dem Schmetterlingsgarten eines der beliebtesten Ausflugsziele der Region.

Als Alphonse Girad, leitender Architekt am Louvre in Paris, 1848 den Auftrag erhielt, das mittelalterliche Burghaus in eine fürstliche Residenz umzubauen, verwendete er im gotischen Maßwerk der Fenstergewände und Dachgauben Gusseisen. Das war damals weltweit eine Neuheit und sparte gleichzeitig viel Zeit. Die Quelle für den modernen Baustoff fand er in der Sayner Hütte.

Kurfürst Clemens Wenzeslaus gründete die Sayner Hütte 1769. Das wasserreiche Saynbachtal war für die Eisenverhüttung ein perfekter Standort. In 250 Jahren hatte sie eine wechselvolle Geschichte. Als sie 1815 in den Besitz des preußischen Staates kam, erlebte sie einen großen Aufschwung. Mit der Gießhalle, die errichtet aus Glas und Eisen wie eine Basilika konzipiert und eine architektonische Sensation war, wurde die Sayner Hütte neben den Gießereien in Berlin und Gleiwitz zu einer der größten in Preußen. Rohre, Schienen, Kanonen und Munition für den Ausbau der Koblenzer Festungen wurden in Sayn hergestellt. Außerdem versorgte die Sayner Hütte das Rheinland mit jeder Menge Gebrauchseisen.

Im Rheinischen Eisenkunstguss-Museum im Sayner Schloss ist zu sehen, dass in den Gießereien viele Kunstwerke aus Guss, auch Berliner Eisen genannt, entstanden - Skulpturen, Gartenmöbel, Reliefs und Vasen. Die vielen Schmuckgegenstände stammen aus der Zeit, als die Damen der Gesellschaft ihren Goldschmuck gegen die eisernen Kopien austauschten, um bei der Finanzierung der Kriege zu helfen. Das berühmteste Kunstwerk aus Guss ist die winzige „Sayner Mücke" - eine Stubenfliege in Lebensgröße.

Im Jubiläumsjahr zeigt sich die Sayner Hütte in neuer Pracht. Nach den Restaurierungsarbeiten am gusseisernen Tragwerk und der gläsernen Fassadenteile von 2012 bis 2014 ist die Gießhalle wieder das architektonische Kleinod, als das sie erbaut wurde. Die herausragende Ingenieurleistung aus dem 19. Jahrhundert leitete die Epoche der weit gespannten Tragwerke aus Gusseisen ein.

Im Arkadengebäude, wo sich einst die Eisenkunstguss-Manufaktur befand, wird im nächsten Jahr das Rheinische Eisenkunstgussmuseum einziehen. Auch das Haus Nummer 6, Wohnhaus und Werkstatt von Carl Ludwig Althans, der die Gießhalle baute, wird Teil des Museums werden und sich Althans' Leben und Werk widmen.

Das älteste Gebäude des Denkmalensembles ist das Comptoir, das erste Beamtenhaus. Dort werden künftig die Büroräume der Stiftung Sayner Hütte und der Museumsleitung untergebracht.
In der Krupp'schen Halle, Veranstaltungsort und Besucherzentrum, informiert eine Dauerausstellung über die Geschichte des Industriedenkmals. Die ehemalige Maschinenhalle in Backsteinarchitektur ließ Alfred Krupp Anfang des 20. Jahrhunderts bauen. Er erwarb die Sayner Hütte 1865 mit Erzvorkommen im Westerwald.

Die Sayner Hütte hat täglich von 10 bis 18 Uhr geöffnet und geht ab dem 4. November in die Winterpause. Der Eintritt kostet für Erwachsene 6 Euro und Jugendliche zwischen 13 und 17 Jahren 4 Euro.
 


Die Gießhalle in Sayn, errichtet aus Glas und Eisen, war zu Bauzeiten eine architektonische Sensation.
Foto: Heidrun Braun, Rheinland-Pfalz Tourismus

Quelle: Rhein-Zeitung
vom 26.09.2019 - 74. Jahrg. - Nr. 224
Autor: Heidrun Braun

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